Tesla – raffiniert inszenierter Hype?Presseschau Süddeutsche Zeitung

Wenn die deutsche Presse über Tesla und Elon Musk berichtet, weiß sie um ihre Verantwortung. Diese lautet: die besten Autos der Welt werden in Deutschland produziert, und dabei hat es zu bleiben. Basta.

Dass mit Tesla ein amerikanisches Unternehmen auf dem Vormarsch ist, dessen Auto die Grundlagen der deutschen Automobilindustrie komplett in Frage stellt – Motor, Kupplung und Getriebe, Öl- und Energieverbrauch, Lärm- und CO2-Emission, um nur die wichtigsten zu nennen – und bei Fahrkomfort, Fahrsicherheit und Fahrspaß gleichauf liegt, ist eine journalistische Herausforderung für den deutschen Spitzenjournalismus.

Normalerweise funktioniert die kritische Berichterstattung so, dass man Tesla einen nennenswerten Durchbruch auf den internationalen Automärkten darüber in Abrede stellt, dass die beiden wesentlichen Spaßbremsen eines Tesla in absehbarer Zeit nicht zu überwinden seien: Reichweite und Ladezeit.

Jürgen Schmieder von der Süddeutschen Zeitung aber befasst sich nicht mit solchen technischen Fragen. Unter der Überschrift Wie Teslas Auto-Revolution funktioniert (SZ.de vom 29.11.2015) geht er der Frage nach, warum Tesla „so faszinierend“ sei. Die selbstverständliche Unterstellung des gesamten Artikels: Am Auto selbst kann es nicht liegen.

Der Autor verteilt ein paar Gehässigkeiten wie diese:

Tesla-Fahrer halten sich für grandiose Geschöpfe, die diesen Planeten allein durch den Kauf eines Elektroautos ein bisschen gesünder machen, und er weiß um die Bedeutung des Autos als Frauenköder, Statussymbol und Gewissensbereinigung.

Über Elon Musk und seine Leute berichtet er: Arrogante Großkotze sind doch die faszinierendsten Typen – so lange sie Genies sind. Oder: Musk flüstert den Politikern ins Ohr, O’Connell lässt sie unterschreiben. Lobbyisten also, die willfährige Politiker zu Marionetten machen.

Das alles würde ich doch wirklich zugern mal in einer deutschen Zeitung über die Winterkorns und Piechs und ihre Porschefahrer lesen!

Soweit ist der Standpunkt klar.  Aber der Autor verspürt immer noch ein Rätsel, das es zu lüften gäbe:

Noch einmal: Was in aller Welt ist so faszinierend an Tesla? Hier seine Antwort:

Faszinierend ist, dass Tesla so faszinierend ist. (…) Ganz ehrlich: Wer derzeit ein elektrisches Auto produziert, der ist cool.

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Ganz ehrlich, liebe Süddeutsche Zeitung: eine Tautologie wird auch nicht besser, wenn man sie selbstbewußt als (Zwischen-)Überschrift fett druckt.

Was bleibt nach all diesen Bos- und Blödheiten? Nur eine Erkenntnis: Es scheint für einen deutschen Journalisten richtig schwer zu sein, sich an den Gedanken zu gewöhnen, das ein kalifornischer Newcomer ein faszinierend gutes Auto baut und damit Weichen stellt für die Zukunft des Individualverkehrs.

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